JAZZ TRAIN – Landes-Schüler-Bigband des Saarlandes

Zur Geschichte des Landesprojektes

Das Projekt hat sich zu einer wichtigen Talentschmiede des saarländischen Jazz entwickelt. Seit 1989 steht JAZZ TRAIN ständig unter Dampf und hat inzwischen zwölf Generationen (ca. 250) junger saarländischer Talente aufgenommen und in die Bigband-Tradition eingeführt. Etliche Musiker haben dadurch ihren Weg zum Musikstudium gefunden und sind zum Teil schon ins Profilager gewechselt. Zwei Förderpreise, vier CD-Produktionen und Konzertreisen im In- und ins Ausland dokumentieren den Erfolg dieses Landesprojektes.

Wie alles anfing…

Seit 1981 veranstaltet der VDS Saar (Verband Deutscher Schulmusiker) alle ein bis zwei Jahre die Landesbegegnung „Schulen musizieren“: Schulensembles aus dem ganzen Land präsentieren in Doppelkonzerten die gesamte Bandbreite schulmusikalischen Musizierens. Im Jahre 1988 fungierte das Bildungsministerium des Saarlandes in Zusammenarbeit mit dem VDS Saar zum ersten Male als Veranstalter dieser Landesbegegnung – mit neuem Titel: Tag der Schulmusik. Der damalige Kultusminister Diether Breitenbach lud Schulensembles aus allen Schultypen in die Räumlichkeiten des Kultusministeriums ein. Für einen ganzen Tag bot das Ministerium ein Podium für all die diversen Schulensembles: Singspielgruppen aus Grundschulen, Chöre, Orchester, Tanzgruppen, Bands und Bigbands aus Haupt-, Real-, Gesamtschulen und Gymnasien.

Besonders überzeugend waren die Leistungen der Bigbandprojekte aus Saarbrücken (Bongos Bigband, Realschule Bellevue), Merzig (Gymnasium am Stefansberg) und St. Wendel (Bigband Urknall, Cusanus-Gymnasium). Auf Anregung des Abteilungsleiters LMR Dr. Denne ließ der Kultusminister die drei Bigband-Leiter Freimut Mertes, Wolfgang Jensen und Ernst Urmetzer ein Konzept erarbeiten, das interessierten SchülerInnen aus allen Schularten des Saarlandes die Möglichkeit bietet, im Rahmen eines Landes- Bigband die Sprache der populären Musik und des Jazz zu erlernen.

Das Konzept wurde Anfang 1989 vorgelegt. Zielgruppe: SchülerInnen aller Schularten im Alter von 14 bis 20 Jahren; Voraussetzungen: Beherrschen eines Bigband-Instrumentes bis zum mittleren Schwierigkeitsgrad; Erfahrung im Jazz keine Vorbedingung. Arbeitsmodus: regelmäßige Proben alle vierzehn Tage, ein bis zwei mehrtägige Jazzworkshops im Jahr mit Jazzprofis als Dozenten, mindestens fünf Auftritte pro Jahr. Inhalte: Bigband-Arrangements aus dem Bereich Pop, Jazz, Blues, Jazzrock, Latin Funk und Moderne; Einstieg in die Improvisation.

Im Vorfeld der Entscheidung wurden Vorbehalte gegen die Gründung eines Landes-Schüler Bigband seitens des Landesmusikrates Saar, der Leiter der Uni-Bigband Saar und des Landesjugendjazzorchesters artikuliert: Man befürchtete allgemein eine Konkurrenzsituation der Bigbandprojekte. In einer gemeinsamen Arbeitssitzung unter der Leitung des Kultusministers Breitenbach konnten die Bedenken der Kritiker ausgeräumt werden. Die Musiklehrer Wolfgang Jensen und Ernst Urmetzer wurden mit der Gründung und Leitung der Landes-Schüler-Bigband des Saarlandes beauftragt. Nach Sondierung der ersten Mitglieder fand im September 1989 im Cusanus-Gymnasium St. Wendel die erste Probe statt.

Seitdem wurde das Projekt kontinuierlich ausgebaut. Die Proben erfolgten im Wechsel in St. Wendel und Merzig. Bald konzertierte die Bigband im ganzen Lande: der erste Höhepunkt wurde 1993 mit dem Auftritt bei den 4. internationalen St. Wendeler Jazztagen erreicht.

Das Projekt wurde mit einer Beschallungsanlage ausgestattet. In den folgenden Jahren wurde das Instrumentarium um ein E-Piano, ein Baritonsaxophon und einen Kontrabass erweitert; die letzteren als exotische und teure Instrumente, die sich Schüler in der Regel nicht leisten können, werden an die jungen Musiker ausgeliehen. Damit konnte immer die klassische Bigband-Besetzung realisiert werden.

1994 übernahm der Musiklehrer Matthias Ernst anstelle von Wolfgang Jensen die Co-Leitung. Damit änderten sich die Probeorte: Neben St. Wendel wurde in Saarlouis und Saarbrücken geprobt, seit 1996 ausschließlich im Gymnasium am Schloss Saarbrücken. Inhaltlich wurde die Stilistik Pop zugunsten einer Akzentuierung des traditionellen und modernen Bigband-Jazz gestrichen. Der Co-Leiter Ernst installierte als Ergänzung zur Bigband-Formation eine Combo, in der sich die fortgeschritteneren MusikerInnen improvisatorisch weiterentwickeln können. 1999 vertrat die Combo “Train Set” bei der 2. Bundesbegegnung „Jugend jazzt“ in Rostock das Saarland. Etliche Fördermaßnahmen konnten die sechs Musiker mit nach Hause nehmen, u.a. einen Workshop mit dem polnischen Saxophonisten Leszek Zadlo.

Ein- bis zweimal jährlich werden die MusikerInnen instrumentenspezifisch in einem mehrtägigen Workshop durch Jazzprofis weitergebildet. Namhafte regionale und überregionale Musiker bestritten seit 1990 die Workshops:

  • Trompete: Ingolf Burkhardt, Ralf Hesse, Ralf „Mosch“ Himmler, Christian Meyers, Tobias Weidinger, Stephan Zimmermann, Karl Farrent, Joo Kraus.
  • Posaune: Michael Hupperts, Frederic Martin, Paul Schütt, Christof Thewes, Heiko Raubach, Felix Fromm, Simon Harrer, Philipp Schug, Peter Strele, Georg Maus. 
  • Saxophon: Peter Decker, Jörg Kaufmann, Tom Penninger, Heinz-Dieter Sauerborn, Jason Seizer, Johannes Müller, Kristina Brodersen, Martin Schmitt, Mike Schweizer, Andreas Maile. 
  • Piano: Mike Schönmehl, Matthias Bätzel, Martin Schrack, Christian Pabst. 
  • Gitarre: Susan Weinert, Helmut Kagerer, Frank Kuruc. 
  • Bass: Martin Weinert, Bernd Heitzler, Veit Hübner. 
  • Schlagzeug: Elmar Federkeil, Rainer Rumpel, Falk Willis, Michael Keul, Kai Busenius, Eckhard Stromer, Torsten Krill. 
  • Gesang: Suzanne Dowaliby, Nanni Byl, Anne Czichowsky. 
  • Dirigent: Georg Ruby und Al Porcino (1995), der amerikanische Swing-Veteran, Trompeter und Bigband-Leiter, am 31.12.2013 im Alter von 88 Jahren in München gestorben. 
  • Stummfilm: Günther A. Buchwald

Ab 1997 wurde das Projekt überregional bekannt: mit einem neuen Namen „JAZZ TRAIN“, fuhr der Zug seit 1997
innerhalb Deutschlands: Augsburg, München, Würzburg, dreimal Berlin, Nato-Musikfestival im Stadion am Betzenberg Kaiserslautern, Kirchentag in Berlin, dreimal bei den Internationalen St. Wendeler Jazztagen, St. Ingberter Jazzfestival, Idar-Obersteiner Jazztagen
und ins Ausland: Sizilien, dreimal im Rahmen von Austauschbegegnungen mit englischen Bigbands nach Leicestershire, im Londoner Jazzclub „The Bull`s Head“ und beim Internationalen Stummfilmfestival in Bristol, England.

Projekte:

  • Duke Ellingtons „Sacred Concert“ mit Gospelchor Saarbrücken
  • Tapdancer Swing-Projekt „Let`s Swing“
  • Ausstellung „SWING & JAZZ unter den NAZIS“im Adolf-Bender-Zentrum St. Wendel
  • Cole Porter-Projekt Stummfilm-Projekt mit Filmen von Buster Keaton + Charlie Chaplin
  • Die finnische Sängerin Kirsti Alho trat des öfteren als Gast auf.

Fünf CD-Produktionen (alle beim Saarländischen Rundfunk produziert):

  • JazzTrain – 10 Jahre Landes-Schüler-Bigband des Saarlandes (1999)
  • Duke Ellington – Sacred Concert (2003)
  • Let`s Swing (2005)
  • Jazz Train spielt Cole Porter (2010)
  • A Drive Under Magnolia Tree (2015)

Förderpreise:

  • Saarländischer Förderpreis
  • Förderpreis der Landesakademie für musisch-kulturelle Bildung, Ottweiler

Im Sommer 2013 gab Ernst Urmetzer mit seiner Versetzung in den Ruhestand die Leitung ab. Sein Nachfolger ist Frank Hahnhaußen, Musik- und Deutschlehrer am Albertus-Magnus-Gymnasium in St. Ingbert.

Das Bildungsministerium hat seit 1989 das Projekt als Träger kontinuierlich gefördert: durch die Abordnung von zwei Musikkollegen und die Bereitstellung finanzieller Mittel für die Sachkosten und die Durchführung von Arbeitsphasen mit Jazzprofis als Dozenten; die Sachkosten wurden ab 2012 allerdings fast um die Hälfte gekürzt.

Ernst Urmetzer im Januar 2014 (ergänzt Matthias Ernst 2020)

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